Studie zur Entwicklung des Gehirns in verschiedenen Lebensphasen
Studie, die kürzlich im renommierten Fachmagazin „Nature Communications“ veröffentlicht wurde, analysierte Gehirnscans von 3.802 Personen im Alter von Null bis 90 Jahren. Die Aufnahmen wurden mit einer speziellen nicht-invasiven Technik, der Diffusions-Tensor-Bildgebung, erstellt, welche die Bewegung von Wassermolekülen in Geweben misst und Rückschlüsse auf die Vernetzung der Gehirnzellen ermöglicht.
Die Forschungsgruppe konnte vier signifikante Umbauphasen im Gehirn identifizieren, die sich im Verlauf des Lebens abspielen. Die erste Phase umfasst den Zeitraum bis zum neunten Lebensjahr. In dieser Zeit konsolidiert das Kindergehirn die neuronalen Verbindungen, indem ungenutzte Synapsen entfernt werden, während die aktivsten bestehen bleiben. Gleichzeitig nimmt die graue und weiße Gehirnmasse zu, und die Stärke der Gehirnrinde stabilisiert sich.
Der erste große Umbruch findet im Alter von neun Jahren statt, wenn das Gehirn bemerkenswert neue Fähigkeiten erlangt. Zugleich steigt das Risiko für psychische Probleme. In dieser zweiten Phase wächst die Masse des Gehirns weiter, und die Verbindungen zwischen verschiedenen Regionen verbessern sich. Diese Veränderungen korrelieren mit wichtigen Entwicklungsschritten in Denken, Verhalten und Psyche.
Die zweite Phase dauert bis in die frühen Dreißiger Jahre, in denen der stärkste topologische Umbruch stattfindet. Hiermit schaltet das Gehirn gewissermaßen in den Erwachsenenmodus um und erreicht eine längere Phase der Stabilität, in der keine großen Umbauten stattfinden. Veränderungen verlaufen in diesen drei Jahrzehnten im Vergleich zu jüngeren Jahren nur schrittweise, was mit einem Plateau in der individuellen Intelligenz und Persönlichkeit einhergeht.
Mit etwa 66 Jahren wird der dritte größere Wendepunkt erreicht. In dieser Phase, die als „frühe Altersphase“ bezeichnet wird, beginnt die Gehirnmasse langsam abzunehmen und die Netzwerkdichte zu verlieren. Auch gesundheitliche Probleme häufen sich, die dem Gehirn zusetzen können.
Die letzte Lebensphase wird etwa mit 83 Jahren erreicht. Hier findet ein Umbau von einer globalen Netzwerkarchitektur zu regionalen Strukturen statt, wobei sich der kognitive Abbau allmählich fortsetzt.
Die Studie legt nahe, dass das Leben tatsächlich in verschiedenen Phasen verläuft, ähnlich wie das Gehirn unterschiedliche Epochen kennt. Diese Erkenntnisse sind nicht nur theoretischer Natur; sie haben auch praktische Bedeutung. Sie helfen zu verstehen, wann das Gehirn bestimmte Fähigkeiten besonders gut entwickeln kann oder wann es anfällig für Störungen ist, wie etwa Lernschwierigkeiten in der Kindheit oder Demenz im Alter.

